27. Vulcano – Liparische Inseln
Den Schaden, den unsere Tine im Hafen von Cefalù davon getragen hatte, hatten wir der Versicherung gemeldet. Nach viel auf- und abwägen und hin und her telefonieren, hatten wir uns dafür entschieden unsere Reise fortzusetzen und bis nach Bari zu segeln. Die Konditionen in der Marina „Mar di Levante“ waren für uns am besten geeignet, somit hatten wir einen Liegeplatz im Winterlager reserviert. Die Reparaturarbeiten konnten wir vor Ort in Auftrag geben, aber auch selbst am Boot arbeiten. Das war uns wichtig gewesen und in den anderen Marinas auf Sizilien nicht möglich. Also erwies sich der eigentlich Plan, am Ende als die beste Idee. Und die Reise konnte weitergehen…
The sailing trip must go on
Es war der 11.10.2019 und wir hatten nur noch einige Wochen, von unseren insgesamt sieben Monaten Segelreise, übrig. Die letzten Wochen sollten also gut geplant sein. Bei unserer Begegnung mit Sailing Kittiwake, hatten diese uns von der schönen Insel Vulcano berichtet und ihre Erzählungen bildlich untermalt. Spätestens nach einem Video, welches sie auf der Spitze des Vulkans aufgenommen hatten, waren wir sicher: diese Insel mussten wir unbedingt besuchen. Also planten wir unseren Segeltörn nach Vulcano.
Zwischenstopp in Capo d’Orlando
Wir verabschiedeten uns in Céfalu von Fietes Eltern. Über eine Woche waren wir zusammen auf Sizilien herumgereist und hatten eine sehr schöne Zeit. Monika und Henning wollten noch ein wenig den östlichen Teil Siziliens erkunden, bevor sie die Rückreise nach Deutschland antraten. Da wir uns bald wiedersehen würden, fiel der Abschied diesmal nicht ganz so schwer.
Wir setzten Segel und segelten zum nahe gelegenen Hafen von Capo d’Orlando. Capo d’Orlando verfügt über eine sehr moderne und gut geschützte Marina. Das war die Marina in die Fiete eigentlich an dem Tag des Unwetters hatte fahren wollen… Hätten wir das mal gemacht. Zu spät. Die Marina war ideal, um noch ein bisschen einzukaufen, die Tanks aufzufüllen und uns alle nochmal ordentlich zu waschen, bevor wir dann am nächsten Tag nach Vulcano aufbrachen, wo wir planten ein paar Tage vor Anker zu liegen.
Segeltrip nach Vulcano
Vulcano ist eine kleine Insel nordöstlich von Sizilien und eine, der sogenannten Liparischen Inseln. Zu den Liparischen Inseln zählen insgesamt sieben bewohnte und mehrere kleine unbewohnte Inseln. Die bekanntesten der Liparischen Inseln sind vermutlich die Namensgeberin Lipari und die Insel Stromboli. Stromboli, auf der der gleichnamige Vulkan liegt, ist ein sehr beliebtes Seglerziel. Da es aber am 3. Juli 2019 und am 28.August 2019 starke Eruptionen mit Meterhohen Rauchwolken gab, ließen wir dieses Ziel fürs Erste doch lieber aus. Vulcano ist zudem die Insel, die am nächsten am sizilianischen Festland liegt und war für uns somit am schnellsten zu erreichen.
Von Capo d’Orlando sind es nur 18 Seemeilen bis zur Insel Vulcano. Wir segelten also am 12.10. entspannt zu dem gewünschten Ankerspot mit direktem Blick auf den Vulkan. Die Bucht war sehr schön. Es gab nur einige andere Boote und der Sandstrand war durch das Vulkangestein komplett schwarz. Beim Ankern führte das dazu, dass man den Anker gut am Grund erkennen konnte. Allerdings wunderten wir uns über viele weiße Flecken, die überall in der Bucht am Grund zu sehen waren. Das Wasser war nämlich Glasklar und man konnte alles gut erkennen, es war nur undefinierbar. Beim Schwimmen und Tauchen stellten wir dann fest, dass die weißen Flecken leider Plastiktüten oder andere Plastikteile waren, die sich über die ganze Bucht verteilten. Das war wiedermal eine sehr frustrierende Feststellung. Das Plastikthema begleitete uns auf unserem Weg.
Am Abend stellten wir fest, dass ein Boot, welches wir schon zweimal während unseres Trips in Sizilien gesehen hatten, ebenfalls vor Anker lag. Es war eine österreichische Gruppe aus einem Segelverein, mit denen wir bereits in Cefalù und in Capo d’Orlando ins Gespräch gekommen waren. Als sie uns bemerkten, kamen sie mit einer Flasche Weißwein aufs Boot und wir lernten uns noch besser kennen. Es war sehr nett die verschiedenen Wege, Segelreisen umzusetzen, kennenzulernen und so neue Ideen für weitere Reisen zu sammeln.
Aufstieg auf den Vulkan
Am nächsten Tag war es dann so weit. Wir fuhren früh mit dem Dinghy an den Strand, um die noch milden Temperaturen für den Aufstieg zu nutzen. Wir waren ein wenig „angespannt“, wie der Aufstieg werden würde. Ich hatte das Mini in der Trage auf den Rücken geschnallt und unsere Große hatten wir über die Anstrengung, die der Aufstieg mit sich bringen würde, aufgeklärt. Sie war dennoch sehr motiviert, denn Vulkane findet sie sehr spannend. Auf dem Weg zum Vulkan fanden wir noch eine Foccaceria, in der wir den benötigten Mittags- und Wegproviant einkauften. Mit einem Keks in der Hand, lies es sich gleich viel besser einen Vulkan erklimmen.
Bis zum Fuß des Vulkans war es schon ein kleiner Marsch und wir hatten den Eindruck, dass die Große schon etwas müde war. Wir sicherten uns nochmal bei ihr ab, ob sie das Abenteuer wirklich wagen wollte. Aber sie wollte unbedingt. Wir lasen noch die Warnschilder, die uns darauf aufmerksam machten, dass aus dem Vulkan giftige Gase auswichen, die auf keinen Fall eingeatmet werden dürften… ein bisschen mulmig war mir schon.
Trotzdem begannen wir den Aufstieg. Es waren nur 499 Meter in die Höhe, aber der steinige, sandige und teilweise steile Weg, verbunden mit den steigenden Temperaturen beschwerten den Aufstieg schon. Unsere Große blieb aber motiviert und fand alles um uns herum spannend. Sie machte das ganz fantastisch. Und da sie so gut dabei war, machten wir fröhlich mit und ließen die schöne Landschaft auf uns wirken.
Ab einem gewissen Punkt wurde die Aussicht mit jedem Schritt schöner und schöner. Auf dem Weg nach oben machten wir eine Pause auf einer der Bänke und stärkten uns mit der Foccacia. Es war das schönste Mittagessen meines bisherigen Lebens. Es war einer dieser besonderen Momente, die man einfach für immer ins Gedächtnis brennen möchte. Die Aussicht war atemberaubend! Wir schauten auf die Liparischen Inseln, die Bucht in der unsere Tine lag und das Meer. Großartig!
Bis zur Spitze des Vulkans
Nach der Stärkung schafften wir auch das letzte Stück nach oben. Wir schützten uns mit einem provisorischem Mundschutz vor den austretenden Gasen und mieden die Wege, die direkt an den Schwefelausdünstungen vorbei führten. Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Touristen. Der Anblick von ganz oben war unbeschreiblich.
Auf der einen Seite das Meer und die Inseln, auf der anderen Seite die farbliche Bandbreite des Vulkans, die viel mehr zu bieten hat als nur schwarz. „Leben und Tot“ so nah beieinander zu erleben, war tief beeindruckend und weckte in mir sehr ehrfürchtige Gefühle gegenüber unserer Natur. Zu merken was für einen kleinen Stellenwert wir Menschen im Einzelnen einnehmen, wenn man sich die Schönheit und Gewalt der Natur ansieht, den Naturkräften „ausgeliefert“ zu sein, erdete mich auf unerklärliche Weise.
Wo es hoch geht, geht’s auch wieder runter…
Wir hätten stundenlang dort oben bleiben können um herunter zu sehen. Wir blieben auch tatsächlich eine ganze Weile, aber irgendwann musste man ja auch mal wieder runter und die Hitze weckte unser Bedürfnis nach einem Eis. Also machten wir uns langsam auf den Weg nach unten. Sehr langsam und sehr vorsichtig, denn der steile Weg war stellenweise beim Abstieg sehr viel unbequemer als beim Aufstieg. Ich hatte ziemliche Sorgen davor, mit der Kleinen auf dem Rücken, hinzufallen.
Aber es ging alles gut und keiner fiel hin… das passierte der Großen dann erst auf dem Weg in die Eisdiele. Wir hatten eine andere nette Familie getroffen, die mit ihren vier Kindern ebenfalls den Auf- du Abstieg gewagt hatten und nun auch auf dem Weg zur Eisdiele waren. Unsere Große lieferte sich ein Wettrennen mit dem Sohn und…plumps… war das Knie aufgeratscht. Zum Glück war die Eisdiele nicht mehr weit und der Kummer über das schmerzende Knie war mit dem köstlichen Erdbeereis in der Hand bald vergessen. Wir hatten noch einen schönen Nachmittag mit der Familie. Zusammen gingen wir zurück zum Strand, wo sie die Fähre nach Lipari nahmen, um zu ihrer Ferienwohnung zu gelangen und wir unser Dinghy bestiegen, um zurück zur Tine zu kommen.
Nach einem wunderbaren Tag, ein perfekter Abend
Am Abend wirkten die schönen Eindrücke noch lange nach. Es war wirklich ein fantastischer Ausflugstag gewesen. Schöner hätte es kaum sein können! Da kam ein kleines Fischerboot in die Bucht und rief aus, dass es frischen Fisch verkaufen würde. Frischen Fisch direkt vom Boot und ich musste nicht selbst danach schwimmen? Da waren wir dabei! Also kauften wir zwei schöne Fische, die uns direkt filetiert wurden (die Möwen freuten sich über die Reste) und einige Garnelen für die Große, die wahnsinnig gerne Garnelen isst.
Mit dem frisch gebratenen Fisch auf dem Teller in unserer Bucht, dem Blick auf den Vulkan und einem traumhaften Sonnenuntergang ging dieser wunderbare Tag in einen perfekten Abend über! Die Natur ist einfach nur wunderbar. Wir können uns so glücklich schätzen dieses Paradies erkunden zu können!
3 Kommentare
sylvie Nautré
Merci. Danke. C’est si beau qu’on croit rêver. Sehr lebendig geschildert. Bravo !
Julie
Merci maman, très gentile. En effet on en rêve!
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