15. Ein Besuch, zwei Länder
Am 16.07. waren wir in Cabo de Santa Maria, dem südlichsten Punkt Portugals, vor Anker gegangen. Am 19.07. sollten wir in Málaga sein, wo wir uns mit unserer Patentochter Leila verabredet hatten. Dass das nicht klappen konnte ohne total stressig zu werden, leuchtete uns auch schon vorher ein. Daher hatten wir vorab geschaut, welche alternativen Treffpunkte wir mit Leila einrichten konnten. Von Málaga aus fuhren Busse ins ganze Land. Also machten wir einen neuen Treffpunkt aus und die Reise für Leila wurde noch ein bisschen abenteuerlicher. Es war unser Geburtstagsgeschenk zu ihrem 18. Geburtstag, dass sie uns eine Woche bei unserer Segeltour begleitet. Wenn sie schon 18. Jahre alt war, dann konnte sie jetzt auch echte Abenteuer erleben. Wir buchten also ein Busticket von Málaga nach Cádiz und hatten somit nicht mehr ganz so viel Zeitdruck. Dennoch blieb uns noch eine Strecke von knapp 90 Seemeilen und da man beim Segeln ja noch immer vom Wind abhängig ist, mussten wir das bestehende Wetterfenster nutzen, um weiterzukommen.
Wir blieben also nicht in Cabo de Santa Maria, auch wenn es sehr verlockend war. Wir trösteten uns damit, dass es derzeit, zur Hauptsaison, eh total überladen und auch viel zu warm war, um große Besichtigungstouren zu starten. Also setzten wir am nächsten Tag erneut Segel, um wieder einen langen Törn zu starten. Wir wollten das letzte Stück „durchziehen“und setzten Kurs bis nach Cádiz. Die Fahrt verlief ohne Probleme und wir hatten stetig guten Wind, was die Tour sehr angenehm machte. Die Gastlandflagge wurde wieder getauscht und Schwupps waren wir wieder in Spanien. Naja… ganz so schnell ging es dann doch nicht, wir brauchten schon 17 Stunden für die 90 Seemeilen. Gegen 3 Uhr erreichten wir unseren Ankerplatz vor Cádiz. Kurzzeitig waren wir sehr irritiert, weil wir sehr konfuse Lichter sahen. In der Nacht sieht ja eh immer alles ganz anders aus, aber wenn man dann auch noch Lichter sieht, die man so gar nicht zuordnen kann, dann ist das noch viel verwirrender. Bis wir verstanden, dass es sich dabei um Fischer handelte, die mit ihren Taschenlampen von der Mole aus fischten, dauerte es ein bisschen. Wir waren zum Glück nicht zu irritiert um einen guten Ankerplatz zu finden, der wenig besucht war und gingen nach erfolgtem Ankersetzen schlafen.
Am nächsten Morgen ließen wir den Ort erstmal auf uns wirken. Wie gesagt, in der Nacht sieht ja immer alles komisch aus. Wir waren vor Puerto Sherry vor Anker gegangen, ein Ort, der gegenüber von Cádiz lag. Wir fuhren mit dem Dinghy zum Hafen. Dort erlebten wir mal eine sehr nette Überraschung: wir durften umsonst anlegen und bekamen auch noch die Schlüssel für die Wäscherei und die Toiletten. Ohne das wir was dafür zahlen mussten. Ich nehme an, das war der Kinderbonus oder sie waren Seglern gegenüber einfach sehr gewillt oder einfach voll nett. Egal, jedenfalls war es für uns toll! Wir freuten uns, über diese tolle Gelegenheit, schmissen die Wäsche in die Maschine und planten das gesparte Geld gleich auf den Kopf zu hauen und erstmal essen zu gehen. Wir hatten außerdem was zu feiern: wir waren heute, am 18.07., bereits 100 Tage auf dem Boot. Also gingen wir schön Essen und Fiete gönnte sich eine Flasche Wein. Da er die allein trank (ich stille ja noch), war er danach gut drauf. Der Rest des Tages verging mit noch einer Wäsche, die gewaschen werden musste und uns vieren, die gewaschen werden mussten sowie „klar Schiff machen“ relativ schnell und zufriedenstellend. Wir bereiteten uns auf die Ankunft von unserem ersten Bootsbesuch vor. Noch ein Mädel an Bord, Fiete liebt die Herausforderung!
Am 19.07. war es dann endlich soweit. Wir fuhren morgens in die naheliegende Marina Santa Maria. Von dort aus gab es eine Fähre, die uns direkt in die Altstadt von Cádiz brachte. Der Hafen wurde uns von unserem befreundeten Segler Raz empfohlen, da er günstiger und schöner war als der in Cádiz. Er hatte recht, zumal der Hafen in Cádiz von Containern umgeben ist und man eine ganze Weile laufen muss, um in der Innenstadt zu gelangen. Leila sollte nachmittags in Málaga landen und dann mit dem Bus nach Cádiz fahren. Ich hatte ein bisschen Sorge, ob das alles klappen würde. Würde der Flieger pünktlich kommen? Der Bus vom Flughafen zum Busbahnhof zuverlässig sein? Und der Bus nach Cádiz?
Sie schrieb mir, dass das Flugzeug pünktlich gelandet war. Sie fand auch gleich den Bus zum Busbahnhof. Eine halbe Stunde vor Abfahrt des Busses in Málaga rief ich proforma mal an, um zu fragen ob alles gut war. Sie sagte mir, dass sie sich gerade etwas verirrt hatte… das wollte ich eigentlich nicht hören. Zum Glück hatte sie sich nur Aufgrund von Baustellen verirrt und fand den Weg zu ihren Bus rechtzeitig zurück. Kurzzeitig ging das Adrenalin aber hoch. Als sie dann aber schrieb, dass der Bus losgefahren war und sie auch gut drin saß, war alles wieder gut.
Die älteste Stadt Europas
Während Leila 4 Stunden Busfahrt vor sich hatte, fuhren wir mit der Fähre nach Cádiz. Wir wussten schon das Cádiz eine schöne Stadt sein sollte. Aber es war doch etwas anderes eine Stadt selbst zu entdecken. Es ist wirklich eine traumhaft schöne Stadt. Von der Fähre aus gelangt man direkt in die Altstadt. Die Altstadt varriert zwischen wunderbar schön gepflasterten kleinen Gassen gesäumt von traumhaften Häusern und riesigen Plätzen mit monumentalen Bauten, die eine beeindruckende Architektur aufweisen. Das Sonnenlicht, welches die hellen Fassaden zum Strahlen bringt verstärkt die Schönheit der Bauten. Zusätzlich sind überall Brunnen und schattige Plätze eingerichtet und wo man kein „künstliches“ Wasser sieht, kann man das Meer am Ende der Gassen erblicken. Cádiz ist auf einer schmalen Landzunge erbaut und beherbergt einige der schönsten Strände Andalusiens. Es ist eine ganz besondere Stadt.
Der Legende nach hat Herkules Cádiz gegründet. Es die älteste Stadt Europas (bis nicht jemand etwas älteres ausgräbt), denn sie wurde bereits 1100 v. Chr. gegründet. Seitdem hat sich hier eine ganze Menge Geschichte abgespielt: Columbus startete seine zweite Reise nach Amerika von Cádiz aus, die Stadt wurde zu einem wichtigen Handelshäfen Europas und 1812 wurde die erste schriftlich niedergelegte Verfassung Spaniens hier formuliert.
Wir waren sehr beeindruckt von der Schönheit und der Atmosphäre der Stadt und freuten uns, dass wir uns hier, an diesem schönen Ort, mit Leila treffen würden. Als wir uns dann endlich in die Arme geschlossen und die Große sie fast erdrückt vor Freude hatte, spazierten wir nochmal durch das Stadtzentrum. Leila war ebenso begeistert. Einer der beeindruckensten Bauten von Cádiz ist die neoklassizistische Kathedrale Santa Cruz sobre el Mar. Als wir an ihr vorbeikamen, führten zwei Flamencotänzerinnen ihr Können vor. Die Menge war begeistert, die Stimmung auf dem Platz war großartig. Genau so würde ich „spanische Atmosphäre“ beschreiben.
Wir suchten ein Restaurant, in welchem auch unser veganer Besuch mehr als nur Pommes zu essen bekam. Die Suche verlief erfolgreich und wir wurden alle nicht nur satt, sondern hatten auch sehr gut gegessen. Nach dem Essen gab es noch einen kleinen Spaziergang am Meer. Dann nahmen wir die letzte Fähre zurück und Leila konnte nach ihrem sehr langen Reisetag endlich ihre Koje beziehen.
Der erste Segeltag ihres Lebens
Am nächsten Tag machten wir nach einem ausgiebigen Frühstück, Einkauf und Duschen die Leinen los und setzen Segel. Das war das erste Mal für Leila auf einem Segelboot. Der Wind stand gut, um nach Barbate zu kommen und das Meer war relativ ruhig. Es waren also gute Voraussetzungen. Wir starteten und bestaunten nochmal die Brücke von Cádiz, den Puente de la Constitución 1812. Leila war guter Dinge und happy über das Reisen auf dem Wasser. Nach circa 30 Minuten segeln wurde ihr leider schlecht. Anfängliches singen half bald nicht mehr und sie legte sich hin, um ein bisschen zu schlafen. Angesichts dieser Entwicklung, entschieden wir nicht weitere sechs Stunden zu segeln, sondern lieber vorher in einer Bucht zu ankern. Wir entschieden uns das Naturschutzgebiet die Bahia de Cádiz. Das Gebiet war nicht weit und sah recht vielversprechend aus, um gut ankern und baden gehen zu können.
Das war die Bucht dann auch. Landschaftlich wirklich sehr schön und wunderbar geschützt vor dem aufkommenden Wind. Allerdings waren wir an diesem Samstag, den 20. Juli auch nicht die einzigen, die es dort schön fanden. Wir waren umringt von Motorbooten und Jetskis. Das war etwas nervig. Wir ließen uns den schönen Badetag aber nicht verderben und genossen das Baden vom Boot aus. Die Große war natürlich begeistert, dass sie eine weitere Schwimmbegleitung hatte und war aus dem Wasser kaum noch rauszubekommen. Abends hörte man lautstark Musik von „Queen“ durch die ganze Bucht schallen, was an sich noch ganz cool war. Nach Queen fing dann aber die Partymucke an und hörte auch erste gegen 5 Uhr wieder auf… das war weniger cool. Wochenende im Sommer in Andalusien…
Die nächsten Tage waren vom Wind her ungeeignet für eine Weiterfahrt. Daher bleiben wir in unserer Bucht. Auch am Sonntag waren viele Jetskis unterwegs. Wir machten uns wieder einen schönen Badetag und fuhren am Nachmittag mal mit dem Schlauchboot an den Strand. Das Naturschutzgebiet ist landschaftlich sehr schön. Vom Strand aus, der innerhalb der Bucht lag, gelangte man über Holzbrücken durch die Natur bis zu großen Atlantikstränden. Das Geräusch der sich brechenden Atlantikwellen begleitete meinen Spaziergang die ganze Zeit über, was ziemlich beeibdruckend war, weil um mich herum kein Meer zu sehen war. Ein verlassenes Castillo direkt am kleinen Strand sorgte für zusätzlichen Charme.
Am Montag stand der Wind noch immer gegen uns und so schön es ist zu baden und die Landschaft zu genießen, so unschön finde ich es mittlerweile an einem Ort bleiben zu „müssen“, wenn man eigentlich weiter möchte. Es kam also Unruhe in mir auf. Daher entschied ich am Dienstag einen ausgedehnteren Spaziergang zu machen. Die anderen wollten nicht mit, aber Fiete erklärte sich bereit mich mit dem Schlauchboot und natürlich Mini (ohne sie bewege ich mich eh nirgendwo hin) an Land zu bringen. Ich wollte bis zur Stadt San Fernando laufen. Mit dem Schlauchboot war es bis dorthin zu weit und genau gegen Wind und Wellen, daher musste ich an der Seite des Naturschutzgebietes an Land gehen, um eine der Holzbrücken zu erreichen. Wir fuhren zu einer Stelle, die so aussah als wäre sie nicht weit von der Holzbrücke entfernt. Fiete fuhr so nah heran wie es ging und ich stieg aus. Es war gerade Ebbe weswegen ich auf sehr schlammigen Grund auftrat. Ich sank ziemlich ein. Also versuchte ich schnell voran zu kommen, um auf festen Boden zu gelangen. Leider kam ich nicht weit… nach ungefähr 4 Metern steckte ich bis zur Hüfte im Schlamm und kam weder vor- noch rückwärts. Ich konnte es kaum fassen. Ich steckte einfach fest. Mini, die in der Trage war und auch schon schlammige Füße bekam schaute mich erstaunt an.
Zum Glück war Fiete noch da und tüftelte einen Rettungsplan aus. Während er versuchte das Schlauchboot mit den Rudern an mich ran zu bekommen, schaute ich hinter mich und stellte fest, dass aus den Vertiefungen, die ich mit meinen Beinen im Schlamm hinterlassen hatte überall Krebse rauskrabbelten. Jetzt wurde ich dann doch etwas panisch. Ich wollte da unbedingt raus, aber ich konnte mich echt nicht bewegen. Fiete kam mit dem Schlauchboot und zog mich mit dem Ruder raus. Erst als er mich da raus gehievt hatte wurde mir klar, dass die Geschichte auch ganz anders hätte ausgehen können. Ich bin so dankbar, dass ich einen cleveren und starken Mann geheiratet habe und wir am Ende nicht beide im Modder stecken geblieben sind. Alles nochmal gut gegangen. Meine Spazierlust war aber erstmal gesättigt, davon abgesehen, dass wir eh alle komplett voll mit Schlamm waren. Also gingen wir erstmal wieder baden, während Leila und die Große mich ordentlich auslachten. Es sei ihnen gegönnt, der Anblick muss auch sehr komisch gewesen sein. Das Schlauchboot musste auch noch geputzt werden und schon war der Nachmittag rum… das Positive an der Geschichte war, dass ich super weiche Haut an den Beinen hatte, Schlamm soll ja sehr pflegend sein. Die Idee nochmal zurückzufahren, um mich überall mit Schlamm einzuschmieren verwarf ich dann aber doch schnell wieder…
Endlich Barbate – ach nee, doch nicht
Am Dienstag konnten wir dann endlich weiter. Wir setzten Segel, um nach Barbate zu kommen. Leila setzte sich diesmal gleich nach oben und schaute aufs Wasser, damit ihr nicht wieder übel wurde. Es dauerte auch ein bisschen, aber leider nicht viel länger, bis ihr wieder schlecht wurde. Sie machte abermals ein Schläfchen, um die Seekrankheit zu überwinden. Zum Glück waren bis nach Barbate nur knappe 25 Seemeilen, also kein allzu langer Segeltörn. Kurz vor Barbate wurde Leila wieder wach und alles war wieder gut.
Barbate begeisterte uns nicht besonders. Die Stadt war nicht sehr hübsch dafür wahnsinnig voll. Sowohl der Strand, als auch die Stadt. Wir fanden dann auch heraus woran das lag. Wir waren genau pünktlich zum Beginn des „Cabo de Plata“-Festival angekommen. Das Festival fand gegenüber vom Hafen statt. Die Konzerte starteten so gegen 19 Uhr, der letzte Akt trat um 4:30 Uhr auf… Ach ja, die schöne Ruhe auf dem Meer…die war in Barbate nicht gegeben. Aufgrund der Wettersituation blieben wir trotzdem zwei Nächte. Am zweiten Tag gingen wir Mädels an den Strand im Naturschutzgebiet, welcher wirklich sehr schön war. Es waren auch viel weniger Leute dort als am Stadtstrand. Fiete arbeitete derweil am Boot: neue Gasflasche und im Motorraum hatte sich Wasser gesammelt, so dass er auf Problemsuche ging.
Am Abend gingen wir im sehr schönen und leckeren Restaurant „El Capitan“ direkt am Hafen essen. Eigentlich hatten wir geplant mit Leila nach Málaga zu segeln, wo sie am 27.07. ihren Rückflug nehmen sollte. Uns ging auf, dass auch das nichts werden würde. Wir kamen aufgrund des Windes, der gegen uns war, einfach zu langsam voran. Wir suchten also nach einer Alternativen. Das Bussystem funktionierte gut in Spanien, wir suchten uns also eine Haltestelle, die Leila nach Málaga bringen würde. Unser nächstes Ziel wurde somit La Linea, kurz vor Gibraltar.
Um die Strömung der Straße von Gibraltar im richtigen Zeitpunkt zu erwischen blieb uns nur eine Nachtfahrt, da zur morgendlichen Strömung kein Wind sein sollte. Wir ließen den Abend also entspannt ausklingen, wir konnten ja „ausschlafen“. Soweit man das mit zwei Kindern kann. Die Nacht war allerdings ziemlich unentspannt. Das Festival drehte erst um 23 Uhr richtig auf. Durch die Mauer im Hafen wurde der Sound so reflektiert, als wäre der Lautsprecher neben uns am Steg. Unsere Nacht war demnach nicht so erholsam. Wir hatten ja zum Glück noch den Tag im Hafen und am Strand, um uns zu erholen. Einkaufen waren wir auch noch auf dem Markt von Barbate, der tatsächlich auch sehr schön und so ging der Tag schnell rum.
Nachtfahrt durch eine der berühmtesten Seestraßen der Welt
Gegen 19:30 Uhr legten wir ab und segelten in den Sonnenuntergang. Leila bekam diesmal ein homöopathisches Mittel gegen Reiseübelkeit von mir, dass ihr tatsächlich zu helfen schien. Diesmal blieb sie verschont. Der Segeltörn war sehr schön. Erst der Sonnuntergang, dann die schöne spanische Küste und als es langsam dunkel wurde sahen wir die Lichter Afrikas auf der anderen Seite des Wassers. Afrika sah zum Greifen nah aus! Tatsächlich sind es an der engsten Stelle nur 14 km, die Spanien von Afrika trennen. Wir waren sehr beeindruckt. Die Strömung von etwas mehr als 3 Knoten erwischten wir genau richtig und die riesigen Lichtfelder in der Ferne (Frachter, die die Straße von Gibraltar passierten) kamen uns nicht zu nahe, so dass wir wunderbar entspannt durch die berüchtigte Meerenge segelten. Wir hielten die ganze Zeit angestrengt Ausschau nach Delfinen, weil Leila natürlich auch welche sehen wollte. Wir wollten ihr auch wirklich gern welche zeigen, aber sie hielten sich gut verdeckt. Dafür hatten wir ein wunderbares Meeresleuchten, das Leila auch zum ersten Mal sah.
Irgendwann schlief Leila an Deck ein – die kleineren Kinder schliefen schon eine Weile – als wir dann kurz vor der Bucht von La Linea doch noch Delfine sahen. Ich schrie: „Delfine, Delfine!“ und Leila war sofort wach. So schnell war sie wohl noch nie wach gewesen. Dafür waren die Delfine leider schneller und auch schon wieder weg. Einer schwamm noch kurz auf der anderen Seite des Hecks, aber bis Leila dort war, war er auch abgetaucht. Schade. Wir leuchteten noch eine Weile ins Wasser, auf der Suche nach den Delfinen, als plötzlich hunderte von Fische aus dem Wasser sprangen und wie ein silberner Regen wieder ins Wasser fiel. Wir waren uns sicher, dass sie vor den Delfinen flüchteten, die sich aber scheinbar unter Wasser satt aßen. Das Schauspiel der springenden Fische war aber auch ein tolles Erlebnis.
Kurz vor unserem Ankerspot wurde es dann aber doch noch mal aufregend. Viele viele Boote lagen vor Reede und weitere viele Boote liefen in den nebenliegenden Containerhafen von La Linea ein und aus. Als wir an der Hafeneinfahrt vorbei, an unseren Ankerplatz wollten, kam dann ein Koloss von Boot heraus und hielt für meinen Geschmack viel zu sehr auf uns zu. Ich war mir sicher, das Schiff war schneller als wir. Zum Glück brauchte es aber noch etwas Manövrierzeit und wir schafften es aus dem Weg zu segeln. Ein komisches Gefühl wenn so ein Riese auf einen zuhält. Wir ankerten und gingen alle ins Bett. Trotz der Aufregung zum Schluss konnten wir alle gut schlafen.
Am nächsten Tag machten wir uns auf zum Hafen von La Linea. Wir wollten dort nur nicht mitten in der Nacht anlegen. La Linea, heißt mit vollem Namen „La Linea de la Concepcíon“ und liegt genau an der Grenze zu Gibraltar. Wenn man über den Landweg einreist spart man sich die große Zolldurchsuchung des Bootes und viel Papierkram, was für uns ein gutes Argument war. Vom Hafen aus konnte man innerhalb von 10 Minuten nach Gibraltar laufen. Das taten wir dan auch. Wir wollten den Upper Rock erklimmen, eine der tollsten Aussichten Europas genießen und die freilebenden Berberaffen besuchen. Allerdings wollten wir den Rock nicht wirklich erklimmen, schon gar nicht bei der Hitze. Also nahmen wir einen Bus, der uns zur Seilbahn brachte und stiegen dann in die Seilbahn. Wir waren froh, dass wir die Tickets dafür schon kurz vor der Grenze gekauft hatten, da die Schlange für die Tickets vor Ort unfassbar lang war. Wer vorhat die Seilbahn für den Upper Rock zu nehmen, unbedingt vorher die Tickets kaufen!
Oben angekommen begrüßte uns gleich am Ausgang der Seilbahn ein Affe. Überall wird gewarnt keine Plastiktüten offen herum zu tragen und auch sonst alles gut zu verstauen, aber es gibt natürlich immer Leute, die auch die einfachsten Zeichen nicht verstehen. Direkt vor uns klauten die Affen eine Tüte aus dem Kinderwagen, die leider nicht weggepackt wurde. Das Kind fing schrecklich an zu schreien und die Affen stopften sich zufrieden mit Lakritze voll. Es war ein merkwürdiger und ein faszinierender Anblick diese ganzen Affen um einen herum.
Überall rannten sie herum, klauten hier und da Sachen und sprangen auch schon mal gern dem einen oder anderen Touristen auf den Kopf oder auf den Rucksack. Ich hatte großen Respekt vor den Tieren, nochmal mehr, da ich das Mini vor mir hertrug. Als dann auch noch ein Affe auf Leilas Rucksack sprang und versuchte ihn zu öffnen, war die Aufregung groß. Zum Gück blieb Leila ganz cool und ich konnte ihn mit abweisenden Handbewegungen verscheuchen, ohne das er was essbares gefunden hatte. Eine Packung Taschentücher hatte er ausgeräumt. Absolut surreal diese Erfahrung mit den Affen.
Neben den Affen war die Aussicht wirklich fantastisch. Wir wollten noch die Saint Micheal‘s Cave besichtigen, die weiter unten in der Natur Reserve des Upper Rock lagen. Der Weg dorthin war von wunderschöner Landschaft gesäumt und überall hatte man einen großartigen Blick auf Meer. Die Große wollte gar nicht weg von den Affen, aber wir konnten sie zum Glück überzeugen, dass es noch mehr Affen geben würde und so war es dann auch. Die Affen waren auf dem ganzen Weg zu sehen. Selbst in der Saint Michael‘s Cave, ein tief verwobenes Kalksteinhöhlensystem, waren die Affen zu Hause.
Die Höhlen sind unfassbar groß. Von einer riesigen Höhle am Eingang, gelangt man in diverse weiter Gänge, Treppe hoch, Treppe runter und ganz viele verwinkelte Ecken. Leider haben die Engländer aus irgendeinem Grund ganz buntes, wechselndes Licht in der Höhle installiert, dass wirkt etwas übertrieben. Die natürliche Färbung der Stalaktiten und Stalagmiten zu sehen, wäre viel interessanter gewesen. An der einen oder anderen Stelle war es zum Glück möglich. Dennoch war die Besichtigung der Höhlen absolut empfehlenswert. Danach mussten wir allerdings noch den Weg zurück zur Seilbahn (bergauf) laufen und das war mit einer quengelnden Großen und einem Mini vor dem Bauch gar nicht so einfach. Auch diese Hürde wurde gemeistert.
Am nächsten Tag war Leilas Abreise vom Busbahnhof in La Linea. Wir waren traurig, sie schon wieder zu verabschieden, vor allem weil es erstaunlich gut geklappt hatte zu fünft auf der Tine. Vor allem die Große hatte hart damit zu kämpfen, dass Leila nun wegfuhr.
Leila kam pünktlich in Málaga an. Leider startete ihr Flug mit einiger Verspätung, weswegen sie den Anschlussflug nach Hannover verpasste. In Zürich musste sie lange warten, bis ihr ein Hotel und ein Abendessen zur Verfügung gestellt wurden. Ihren Flug nach Hause konnte sie erst am nächsten Tag in der Früh nehmen. Auch das war wieder aufregend! Wie gesagt: sie ist gerade erst 18. Jahre alt geworden. Die Abenteuer haben gerade erst begonnen und wir sind froh, einen Teil dazu beigetragen zu haben. Solche Erfahrungen vergisst man nie!
3 Kommentare
Henning
Eigentlich wollte ich nach dem Frühstück wie gewohnt meine Zeitung lesen… Dann gabs aber den 15. Bericht. Also nix Zeitung – dafür aber einen spannenden Reisebericht und wieder so toll geschrieben. Da hat sich das Warten wieder einmal gelohnt. Und der Tagesspiegel mit Boris Johnson muss weiter warten – ich geh jetzt duschen.
Euch alles Liebe.
Julie
Hihi, das freut mich aber, dass Johnson warten musste 😉 Danke für den lieben Kommentar! Dann mach ich mal weiter mit den Berichten. Ganz liebe Grüße zurück
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